Bildsprache nutzt subtil visuelle Reize, die uns unterbewusst beeinflussen. Praktisch jeder Mensch weiß, dass Werbung, Medien oder Film gezielt visuelle Trigger einsetzen, um Interesse zu wecken, Botschaften zu verbreiten und unser Verhalten zu lenken.
Je nach Erfahrung, Vorliebe und Befindlichkeit lösen visuelle Trigger unterschiedliche Gedanken und Emotionen in uns aus. Von Mitgefühl, Freude über Gleichgültigkeit und Abgestumpftheit bis hin zu Wut, Angst oder Verstörtheit. Wer kennt solche Gefühle nicht, wenn er täglich durch Social Media scrollt oder die Nachrichten verfolgt? Für viele Menschen ist dies seit Jahren ein normaler Zustand, den sie deswegen kaum hinterfragen.
Feinfühlige Menschen sind sich oftmals im Klaren, dass sie sich schlecht von visuellen Triggern abgrenzen können. Vor allem, wenn sie sich aufgrund der beschallenden Werbung, nach einem brutalen Film oder den Nachrichten deprimiert fühlen. Jedoch denken die meisten Menschen selten über die langfristigen Konsequenzen nach, die ihr unbedachter Medienkonsum nach sich zieht.
Visuelle Reize können uns stärken oder schwächen. Je nachdem, welche Inhalte wir tagtäglich konsumieren. Es ist entscheidend, mit unserem Inneren verbunden zu bleiben, um unsere Grenzen zu kennen und zu wahren. Erst dadurch können wir eine individuelle Strategie im Umgang mit Bildern entwickeln, die dem eigenen Wohlbefinden dient statt schadet.
Achte künftig auf folgende visuelle Trigger, um Bilder zu Deinem Wohl zu nutzen.
1. Gesichter
Wir Menschen sind soziale Wesen und fühlen uns mit anderen Menschen verbunden. Darum identifizieren wir uns automatisch mit dem Schicksal anderer, wenn wir zum Beispiel Bilder von Betroffenen nach einer Katastrophe sehen. Besonders eindrucksvoll wirken Gesichter mit direktem Augenkontakt, die uns entweder freundlich anlächeln oder hasserfüllt von sich fernhalten.
2. Kindchenschema
Bilder von niedlichen Kindern und Tierbabys berühren unser Herz. Sie erinnern uns an die eigene Unversehrtheit und erwecken unseren Beschützerinstinkt. Da sie für uns keine potenzielle Gefahr darstellen, können wir ihnen offen und entspannt begegnen und uns von den Bildern berieseln lassen. Die vielen Likes unter Videos von süßen Tierbabys sprechen für sich.
3. Sexuelle Reize
Wie heißt es so schön? Sex sells. Kein Wunder, dass sich Sportwagen angeblich nur in Anwesenheit einer attraktiven jungen Frau verkaufen. So suggeriert es zumindest die Werbung. Schönheitsideale in Film und Werbung geben vor, wie wir aussehen und wonach wir streben sollen. Doch im Vergleich schneiden wir meistens schlecht ab. Denn kaum jemand schafft es, ihnen dauerhaft gerecht zu werden. Wie das Kindchenschema richten sich auch sexuelle Reize an unsere Instinkte und umgehen den kritischen Verstand. Darum sind beide visuellen Trigger so wirksam.
4. Achtung Gefahr
Instinktiv reagieren wir ebenfalls beim Anblick einer potenziellen Gefahr. Da wir unterbewusst primär unser Überleben sichern wollen, schenken wir jeglicher Art von Bedrohung unsere ungeteilte Aufmerksamkeit. Egal, wie real die Gefahr tatsächlich für uns ist. Dies scheint immerhin zu erklären, warum Gewalt in Filmen auf viele stimulierend wirkt. Oder warum Medien überwiegend Sensationen, Negativschlagzeilen und Schreckensszenarien verbreiten.
5. Bewegung
Da unsere Antennen die Umgebung ständig auf mögliche Gefahren hin abtasten, reagieren wir automatisch auf jede Bewegung. Action- und Abenteuerfilme halten uns den Atem an, während Filme, in denen kaum etwas geschieht, uns einschläfern. Videos auf Social Media bekommen nur eine Chance, wenn sie uns bereits in der ersten Sekunde fesseln. Die heutige Technik ermöglicht es, immer schnellere und extremere Bewegungen und Schnitte einzufangen. Doch überfordern hastige Bewegtbilder die Sinne sensibler Menschen rasch.
6. Kontraste
Starke Kontraste fallen sofort auf und reizen durch ihre Gegensätzlichkeit. Beispiele sind: Extreme Licht- und Schattenspiele, Größenunterschiede, Komplementärfarben oder unterschiedliche Kombinationen wie Dreiecke und Kreise. Das Auge springt zwischen dem scheinbar Unvereinbaren hin und her und bleibt angeregt. Während harmonische und ausgeglichene Bilder uns beruhigen und entspannen.
7. Farbpsychologie
Farben faszinieren uns nicht nur durch Kontraste. Ihre Bedeutung ist auch biologisch und kulturell antrainiert. Rot bedeutet Warnung oder Liebe. Rote Erdbeeren sind reif und köstlich. Fliegenpilze dagegen giftig. Populär ist das Coca-Cola-Rot. Daneben spielt auch der persönliche Geschmack eine Rolle. Die einen mögen es bunt und knallig, die anderen pastellig und dezent.
8. Ästhetik
Bekanntlich isst das Auge mit. Ästhetische Bilder ziehen unmittelbar den Blick auf sich. Kunstvoll arrangiert, stechen sie unter den unzähligen Amateurbildern im Internet hervor. Zu den visuellen ästhetischen Reizen zählen etwa Symmetrie, Geometrie, Muster, Wiederholungen oder Minimalismus. Bearbeitete Bilder wirken anhand von Filtern und ästhetischen Korrekturen oft glamourös und tadellos. Die Abgebildeten erscheinen makellos, wenngleich selten echt und natürlich. Dank der künstlichen Intelligenz wird es selbst für Laien technisch immer einfacher, ästhetische Bilder zu produzieren.
9. Irritationen und Täuschungen
Alles, was nicht unseren Sehgewohnheiten entspricht, zieht uns in den Bann. Dies können optische Täuschungen oder irritierende Inhalte sein. Indem wir genau betrachten, versuchen wir, das Gesehene einzuordnen, zu interpretieren oder zu verarbeiten. Irritationen und Täuschungen sind starke visuelle Trigger. Sie wirken nicht nur unterbewusst, sondern fordern uns auch kognitiv. Je nach Intensität können sie noch lange in uns nachwirken und uns gedanklich und emotional beschäftigen.
10. Assoziationen und Stereotype
Visuelle Kommunikation bezieht sich oftmals auf kulturelle Normen, Traditionen oder Archetypen. Gemäß gesellschaftlicher Konditionierung verknüpfen wir mit gewissen Symbolen und Metaphern bestimmte Bedeutungen. Stereotype wie der «Latin Lover» oder die «schlecht einparkende Blondine» sind zwar selten wahr, aber allgemein verständlich und darum verbreitet. Gerade weil Stereotype plakativ sind, sind sie derart wirksam.
Zudem interpretieren wir Bilder entsprechend eigenen Erfahrungen und Prägungen. Assoziationen sind subjektiv und an unsere Lebensgeschichte und -situation geknüpft.
Wenn Du das nächste Mal von Bildern überflutet wirst und Dich danach schlecht fühlst: Zweifle nicht an deiner Wahrnehmung. Verurteile Dich nicht für Deine Sensibilität. Sei lieber dankbar, dass Du so wachsam bist und merkst, dass die wahrgenommenen Bilder Dir nicht guttun.
Gehe dann in Gedanken die genannten visuellen Trigger durch. Frage Dich, ob Du einen oder mehrere der genannten visuellen Trigger ausfindig machen kannst. Ist einer davon für Deine momentane Gefühlslage verantwortlich? Vielleicht fallen Dir noch weitere visuelle Reize ein, die ich an dieser Stelle nicht genannt habe.
Möchtest Du Dich vertieft mit Bildsprache auseinandersetzen? In diesem Beitrag findest Du unter anderem weiterführende Informationen.